Rippachtal - Kaja 1. Mai 1813

1. Mai 1813. Ein Trupp Chasseurs hat als Avantgarde der Avantgarde des III. Korps Ney den Auftrag, den Weg von Rippach in das anvisierte Dorf Kaja kurz vor Leipzig zu erkunden. Der Mangel an Kavallerie macht sich bemerkbar, und so ziehen acht ausgesuchte Veteranen der Grande Armé unter der Führung des graubärtigen Sergeanten Delarue, die die Gegend schon aus den Operationen von 1806 her kennen, der Armee voraus. Schusswechsel mit dem vermuteten Feind sind zu vermeiden, die sächsische Bevölkerung ist mit uns verbündet.  
 
Aus Richtung Weißenfels kommend berühren wir den Punkt, an dem Marschall Bessieres vor wenigen Minuten von einer Kanonenkugel entleibt wurde. Entlang der Rippach zieht unser Weg durch kleinere Dörfer, deren Namen ich schon nicht mehr kenne. Wir müssen den Bach überschreiten, finden eine Furt, die den Durchzug größerer Truppen aber bedeutend aufhalten wird. Auf dem anderen Ufer geraten wir in Sumpf und Morast. Wir hasten uns von Wurzel zu Wurzel und am Ende des Sumpfes finden wir zum anderen Teil unseres Truppes, der auf dem anderen Ufer der Rippach blieb und endlich einen Steg fand, um Bach und Sumpf zu queren.  
 
Irgendwann kommen wir durch Kostau. Hier feiern die Bauern, noch nicht wissend, dass demnächst ein Heer durch ihr Dorf kommt. Sie staunen uns an. Wir staunen zurück und trinken ein Bier.  
 
Weiter geht unser Weg, und wir hören Kanonendonner? Beim Dorf Großgörschen engagieren sich unsere tapferen sächsischen Verbündeten entgegen der angeblichen Neutraliätt des sächsischen Hofes ohne unsere Beihilfe mit dem infanteristisch stark unterlegenen Feind, der jedoch Kavallerie, Artillerie und Jäger aufbringt. Wir ziehen uns in unser Zielgebiet zurück und bereiten Quartier für unser Korps. Da stoßen wir auf russische Jäger. Wir einigen uns mit diesen, schießen nicht, sondern verbringen den Abend gemeinsam mit diesen feiernd in einem Gehöft in Kaja. Wir kennen sie aus glücklicheren Zeiten vor Tilsit und einigen uns darauf, das Dorf morgen beide zu verlassen. Im dorf wird requiriert, und wir kochen Kartoffelbrei und braten Zwiebeln, dazu gibts Kirschwein aus der Gegend.  
 
Gegen 10 ist Nachtruhe, während in der Ferne Kanonendonner rumort. Ich schlafe nur mit einem offenen Auge, mit Russen unterm Dach weiß man nie, ob man nicht am nächsten Morgen auf dem Weg nach Sibirien ist.  
 
Am nächsten Morgen... im Osten nichts Neues.  

Henri Domperignon-Lafitte